Solltest du Blender 3D lernen? | Überblick, Pro & Kontra

von Nov 24, 2022

Lesezeit: 15 Minuten
Du möchtest 3D lernen, bist dir aber nicht sicher, ob Blender 3D dafür das richtige Programm ist?

 

In diesem Beitrag möchte ich dir eine Entscheidungshilfe dazu geben, dir aufzeigen, was du zur Arbeit mit Blender 3D benötigst, wofür es überhaupt geeignet ist und wo Vor- und Nachteile gegenüber anderen 3D Programmen liegen.

 

Denn ich biete selbst einen Online-Kurs zum Selbstlernen von Blender 3D an und bin auch absolut überzeugt von dem Programm. Allerdings weiß ich gleichzeitig, dass es nicht für jeden das Richtige ist. Deshalb möchte ich folgend den Nutzungsbereich klar definieren und dir die Fakten zeigen, sodass du selbst eine gute, unabhängige Entscheidung treffen kannst. 🙂
3D Modellieren lernen – Schachset Beispiel Sandra Süsser

Solltest du Blender 3D lernen?

Überblick — Wofür ist Blender 3D gut?

Blender 3D ist ein Allrounder unter den 3D Computer-Programmen. Das heißt, du kannst damit alle Schritte, die in einem 3D Workflow vorkommen, umsetzen und damit so ziemlich alles, was du dir vorstellen kannst.


Es beinhaltet Werkzeuge zum…
  • 3D Modeling: Die Basis von 3D: Das Erstellen von Modellen in 3D
  • Animation: Das Erstellen von Bewegt-Bildern
  • Rigging: Das Erstellen eines Grundgerüsts, um den Bewegungsspielraum eines Modells für die Animation zu bestimmen
  • Sculpting: Eine spezielle Modeling-Technik explizit zum Modellieren von organischeren Formen (wie Charaktere, Kreaturen, etc.)
  • Shading: Das Hinzufügen von Materialien, um die Oberflächenoptik der Modelle anzupassen
  • Texturing: Das Hinzufügen von Texturen, um Oberflächen weitere Details und Struktur zu verleihen
  • Lighting: Das Ausleuchten von Modellen oder ganzen Szenen
  • Rendering: Die Ausgabe einer 3D Szene als 2D Bild oder 2D Video
  • Compositing: Das Zusammenfügen zu einem Bild von ein oder mehr voneinander getrennt erstellten Elementen (oft nach dem Rendering)
  • Videoschnitt: Jap, du kannst auch Videos in Blender 3D schneiden bzw. editieren
  • Simulation: Das generative Erzeugen von komplizierten physikalischen Erscheinungen wie Wasser, Rauch, Haar & mehr
  • Motion Tracking: Verfahren zu Erfassung von Bewegungen, sodass du sie am Computer weiter bearbeiten kannst
  • 3D Printing: Das Erzeugen von real gedruckten 3D Modellen
  • und vieles mehr!
3D Modellieren lernen – Schachset Beispiel Sandra Süsser
Und das alles auch noch zum 0-Tarif. Denn das Programm ist komplett kostenlos!


Zudem ist Blender ein Open Source Programm. Das heißt, das sich jeder an der Entwicklung des Programms beteiligen kann und das auch viele tun, wodurch oft viele neue Updates und Add-ons erscheinen.


Das alles macht Blender zusammengefasst für viele professionelle und Hobby-Kreative gleichermaßen auf der ganzen Welt beliebt. Und vielleicht nimmst du es auch schon bald in dein Repertoire an digitalen Werkzeugen auf? Um das besser zu entscheiden, folgen nun realistische Kontra- und Pro-Argumente für Blender 3D.

Solltest du Blender 3D lernen?

KONTRA – Du solltest Blender 3D NICHT lernen, …

  • ⛔ … wenn du generell NUR EINE ganz spezifische Sache machen möchtest. Blender kann alles und das ist sowohl ein großer Vor- als auch ein großer Nachteil. Denn wer alles kann, kann nur sehr wenig wirklich gut. Und so ist es bei diesem Programm auch. Es gibt andere Programme, die für einzelne (3D) Aspekte besser ausgelegt, teils aufgeräumter und leichter zu meistern sind als Blender. Hier einige Beispiele:

  • … wenn du primär präzise CAD-Ergebnisse benötigst. Du kannst zwar auch präzise in Blender arbeiten und exakte Werte beim Modellieren eingeben. Aber prinzipiell ist es eher ein Programm, welches dir künstlerische Freiheit beim Modellieren lässt. Wenn du also explizit 3D Modelle für konstruktionsfertige Anwendungen anfertigen möchtest (zum Beispiel für das Bauwesen oder die Architektur), solltest du dich eher in andere Programme einarbeiten. (Zum Beispiel Rhino oder AutoCAD)
  • … wenn du NUR maximal realistische Figuren mit viel Detail modellieren möchtest, ohne deine Skulpturen später auch animieren und shaden zu wollen, wäre ZBrush aktuell die bessere Wahl. Sobald du aber mehr mit deinen Skulpturen machen möchtest, bist du mit Blender bzw. einer Kombination von ZBrush und zum Beispiel Blender besser beraten.
  • … wenn du explizit nur Videoschnitt lernen & umsetzen möchtest, würde ich dir eher zu Davinci Resolve oder Premiere PRO raten.
  • … wenn du explizit Retopology / UVs, nur Rendering oder Haar/Fell-Simulation umsetzen möchtest. Diese Bereiche sind aktuell in Blender noch am schlechtesten ausgebaut. (Für Anfänger allerdings nicht relevant).

    • ⛔ … wenn du KEINE Englisch-Kenntnisse besitzt. Denn auch wenn es eine Option gibt, die Programmsprache auf Deutsch bzw. auf eine andere Sprache umzustellen, macht das wenig Sinn. Erstens ist gerade Deutsch nicht vollständig übersetzt. Zweitens sind viele 3D Begriffe nur schwer übersetzbar. Und drittens wirst du, wenn du Hilfe benötigst und nach anderen Tipps oder Tutorials suchst (selbst wenn sie in Deutsch sind), die Mehrheit mit englischen Begriffen finden. Du musst KEIN Englisch-Profi sein, aber Grundkenntnisse sollten vorhanden sein. Wenn dir also bereits bei den Begriffen »Rotate«, »Zoom« und »Grab« der Kopf schwirrt, solltest du auch hier die Finger von Blender 3D lassen.
    • … wenn du nur einen schwachen / keinen Computer besitzt. Gleiches gilt aber auch für die meisten anderen 3D Programme: 3D braucht Leistung (vor allem das Rendering). Wenn du bzw. dein Computer diese nicht besitzt, wird dir 3D keinen Spaß machen, da du ständig auf deinen Computer warten musst, dass er Prozesse zu Ende rechnet. Oder du wirst erst gar nicht zu 3D kommen, da dein Rechner dann vor Überforderung nicht mehr reagiert. Außerdem ist Blender nur für den Computer (Windows, Mac und Linux) und nicht zum Beispiel für das iPad oder andere mobile Geräte verfügbar. 

    Diese Spezifikationen sollte dein Rechner mindestens erfüllen, damit du mit Blender 3D arbeiten kannst: 8GB RAM (am besten mehr) / eine gute Grafikkarte mit 2 GB RAM (am besten mehr) / 64bit Quad-Core (am besten mehr), FHD Display, Maus & Tastatur (am besten mit Numpad) / weniger als 10 Jahre alt)

    • … wenn es dein Ziel ist für eine bestimmte Firma zu arbeiten, die bereits eine andere Pipeline aufgebaut hat. Auch wenn Blender durchaus mittlerweile in der Profi-Liga spielt bzw. alles bietet, damit professionelle Kreativ-Firmen damit arbeiten könnten, tun es noch nicht alle, da diese natürlich bereits andere Programme (wie z.B. Maya) etabliert haben und sich die Rädchen der Veränderung langsam drehen. Als Freelancer kannst du nutzen, was du möchtest und da würde ich dir definitiv zu Blender raten, wenn die anderen Kontra-Punkte nicht auf dich zutreffen. Aber wenn du eben wirklich einen bestimmten Angestellten-Job in einer Firma vor Ort anstrebst, solltest du dich zunächst einmal erkundigen, was dort der Standard ist bzw. ob Blender 3D dazu passen würde / akzeptiert werden würde. Es nützt nichts, sich ein Programm anzueignen, wenn du es nicht nutzen kannst.

    • ⛔ … wenn du schnell sehr gute Ergebnisse benötigst und generell ungeduldig bist. Blender 3D hat gerade wegen seiner Vielseitigkeit und der vielen Einstellungsoptionen eine ziemlich steile Lernkurve zu Beginn, wovor leider viele Anfänger (zu Unrecht) zurückschrecken. Denn, wenn du das richtige Lernmaterial verwendest, wirst du den Dschungel an Optionen schneller verstehen und sehen, dass er eigentlich ziemlich logisch und praktisch aufgebaut ist. Außerdem ist 3D KEIN Skill, der dir einfach zufliegt, sondern für den du Zeit und Hirnschmalz einsetzen musst. Wenn du also zu ungeduldig bist bzw. nicht bereit bist, Lernzeit zu investieren, solltest du es lieber gleich lassen.

    Ok. So viel zu den Argumenten, die dagegen sprechen, dass du Blender 3D lernen solltest. Jetzt folgen die Argumente, die klar dafür sprechen und ich hoffe, du findest dich darin wieder ;).

    Solltest du Blender 3D lernen?

    PRO – Du solltest Blender 3D lernen, …

    • … wenn du generell 3D Modeling lernen möchtest / 3D Anfänger bist. Gerade für diesen Bereich bietet Blender viele tolle Werkzeuge und ist generell wohl am besten dafür von allen 3D Programmen ausgelegt. Und da 3D Modeling ein 3D Grund-Skill ist, ist es wiederum sehr gut für 3D Anfänger geeignet. Mit »Modifiern«, »Geometry Nodes« und anderen Optionen kannst du zudem »non-destructively« arbeiten – also so, dass du jederzeit Schritte in deinem Workflow wieder rückgängig machen und damit effizient und gleichzeitig experimentell arbeiten kannst. Dieses »Prozedurale Modeling« ist wahrscheinlich die Zukunft vom Modeling und Blender ist hierbei einer der Vorreiter. Und auch im Sculpting hat sich Blender stark nach vorn gekämpft, was eigentlich nur noch durch ZBrush im hoch detaillierten Bereich geschlagen werden kann.
    • … wenn du eigene Animationsprojekte (privat oder professionell) umsetzen möchtest. Auch im Animations-Bereich ist Blender zu einer beachtlichen Größe herangewachsen. Besonders für 2D bietet das »Grease Pencil« Werkzeug eine unschlagbare Hilfe für Zeichner und auch 3D werden immer mehr Animationsfilme mit Hilfe von Blender produziert.
    • ✅ … wenn du einen Teil von oder den kompletten 3D Workflow lernen möchtest. Wenn du zum Beispiel von der Idee bis hin zum finalen Rendering eine 3D Illustration erstellen möchtest, dann kommst du mit keinem anderen Programm besser. Hier bekommst du Werkzeuge für alles in einem Programm, während du bei anderen Programmen oft mehrere benötigst und in der Regel sehr viel dafür zahlen musst. Es gilt: Je mehr Schritte bzw. Bereiche du in 3D umsetzen möchtest, desto nützlicher wird Blender.
    • … wenn du 2D Artist bist und du deinen Workflow ergänzen oder optimieren möchtest. Egal ob bei der Konzeption, während der Skizzenphase, bei der Ausarbeitung oder auch nur bei der Präsentation: 3D lässt sich wunderbar in Kombination mit 2D Techniken nutzen, um schneller und bessere Ergebnisse zu erzielen. Ja du kannst mit Blender sogar 2D in 3D zeichnen! Aber dazu habe ich bereits einen ausführlichen Beitrag verfasst mit dem Titel »3D Modellieren lernen | 5 Gründe für 2D Artists«, den du dir auch hier als Video anschauen kannst.
    Warum 3D Modellieren lernen als 2D Artist? Zum YouTube Video
    • ✅ … wenn du in deine Zukunft investieren möchtest. Gerade in Zeiten von A.I., digitalen VR / AR Welten und 3D Printing wird 3D immer wichtiger. Wenn du also einen zukunftsfähigen Kreativ-Skill entwickeln möchtest, würde ich am ehesten mit 3D starten. Und Blender ist hier eine exzellente Wahl, da es von allen Programmen wohl den schnellsten Entwicklungsprozess besitzt. Das heißt, neue Versionen und Updates erscheinen in der Regel in sehr kurzen zeitlichen Abständen, sodass du immer ganz vorn bei der Entwicklung von 3D mit dabei sein kannst.
    • ✅ … wenn du maximale Individualisierung möchtest. Blender bietet vielseitige Einstellungsmöglichkeiten und Add-ons, die du zusätzlich installieren kannst, um die Benutzeroberfläche und deinen Workflow wirklich individuell auf dich anzupassen. Und als wäre das noch nicht genug, kannst du auch mit Python deinen eigenen Code für das Programm schreiben, womit sich dir unendlich viele Möglichkeiten der Individualisierung bieten.
    • ✅ … wenn du nach einem tollen neuen Hobby suchst und einfach Spaß am Lernen hast. Auch abseits von Effizienz und der professionellen Anwendung ist die 3D Arbeit mit Blender nach der anfänglichen Einstiegshürde aber wirklich eine pure Freude. Meiner Erfahrung nach wirkt das Modellieren nach einiger Zeit genau so meditativ wie das Zeichnen in 2D (mit den entsprechenden positiven Nebeneffekten) und ebenso lernst du nie wirklich aus. Es gibt immer wieder neue tolle Dinge zu entdecken! Und wenn du, wie ich, Miniaturen liebst, ist es schon fast ein Muss, diese auch selbst in 3D zu erstellen! 😉
    • … wenn du schnell Hilfe bei deiner 3D Arbeit bekommen oder Teil einer großen Community werden möchtest. Wenn du ein Problem hast und bei deiner 3D Arbeit nicht weiter kommst, kannst du bei Blender am ehesten damit rechnen, dass schon einmal irgendjemand ein ähnliches Problem hatte und die Lösung dazu bereits online dokumentiert wurde. Aber auch generell besitzt Blender einfach die größte Community, in der du schnell Rat und Inspiration findest und in der du dich auch selbst vielseitig integrieren kannst.
    • … wenn du Geld beim 3D Lernen sparen möchtest. Dies sollte zwar nicht der ausschlaggebende Punkt für dich sein, aber dennoch gilt: Blender 3D ist komplett kostenlos und wird es auch dauerhaft bleiben. Im Vergleich zu anderen 3D Programmen, die mitunter mehrere 100-1000€ pro Jahr kosten, kannst du also hier dein Geld eher in Weiterbildung zum Aufbau deiner Fähigkeiten anstatt in das Programm selbst stecken… oder natürlich auch in andere Dinge ;).

    Solltest du Blender 3D lernen?

    Zusammenfassung & Lerntipp

    Also, alles in allem bietet sich dir mit Blender 3D ein wundervoll umfangreiches Programm, mit dem du – abgesehen von wenigen Ausnahmen – gerade als Anfänger im 3D-Bereich nicht viel falsch machen kannst. Du kannst es dir vorstellen wie das Schweizer Taschenmesser der 3D Programme.

     

    Wenn du hingegen bereits Profi bist und spezielle Anwendungsfälle oder ein super spezifisches Ziel hast wie beschrieben, kann es Sinn machen, eine andere Spezial-Software genau für diesen Anwendungsfall zu nutzen. Du siehst, zum Großteil sind es also eher persönliche Faktoren (persönliche Ziele, Englisch-Kentnisse, Lernwille etc.), die darüber entscheiden, ob Blender 3D für dich das richtige Programm ist.

     

    In jedem Fall solltest du jetzt leichter deine Entscheidung treffen können.

     

    Und wenn du sie bereits getroffen hast und sagst »JA, ich will Blender 3D lernen«, dann hier noch einmal der Hinweis: In meinem »Blender 3D Memory« Kurs lernst du alles, was du für den Einstieg in das 3D Modeling (und mehr) in Blender benötigst, um eigene tolle 3D Werke zu erstellen – egal, ob professionell oder als Hobby-Künstler. Hier findest du dazu mehr Informationen.
    3D Modellieren lernen – Blender 3D Mock-Up

    Schreibe mir gern in die Kommentare, wie du dich entschieden hast bzw. auch gern andere Gründe (Pro und Kontra), die ich hier noch nicht genannt habe, um die Liste zu verbessern. 🙂


    Ansonsten gilt wie immer: Bleib kreativ & bis bald!

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